Bauen, aber wie? – Bauwerke im Baulandbereich ohne Bebauungsplan in Niederösterreich

Bild zur Rechtsgrundlage Raumplanung Stadtplanung Barbara Fleischmann in Stillfried

Etwa die Hälfte der niederösterreichischen Gemeinden hat einen Bebauungsplan verordnet, um die Entwicklung der Siedlungsstrukturen lenken zu können und die Verkehrserschließung zu regeln. Unter anderem werden in einem solchen die Bebauungshöhe bzw. höchstzulässige Gebäudehöhe und die Bebauungsweise festgelegt, welche einzuhalten sind. Ein weiterer Pflichtinhalt eines Bebauungsplanes ist die exakte Festlegung von Straßenfluchtlinien. Die Anordnung und Höhe eines Gebäudes sind also mit den Festlegungen des Bebauungsplanes in Übereinstimmung zu bringen.

Für Gemeinden ohne rechtskräftigen Bebauungsplan sind Bauvorhaben im Bauland hinsichtlich ihrer Höhe und Anordnung auf dem Bauplatz nach §54 der NÖ Bauordnung 2014 zu beurteilen:

Demzufolge ist der Neu- oder Zubau eines Hauptgebäudes nur zulässig, wenn das Bauvorhaben in seiner Anordnung auf dem Grundstück oder in seiner Höhe von den in seiner Umgebung bewilligten Hauptgebäuden nicht abweicht.

Als „Umgebung“ sind alle bebauten Grundstücke im Bauland (ausgenommen die der Widmung Bauland-Industriegebiet) im Umkreis von 100m zum Baugrundstück auf dem das Vorhaben umgesetzt werden soll, anzusehen.

Die in der Umgebung vorherrschende Bebauungsweise und Gebäudehöhe sind zu ermitteln, das geplante Hauptgebäude hat diesen bzw. der am Baugrundstück selbst bereits bewilligten Bebauungsweise und Gebäudehöhe zu entsprechen (neben der abgeleiteten Bauklasse darf auch die nächstniedrigere gewählt werden). Sollten mehrere Bebauungsweisen bzw. Gebäudehöhen bestehen und ist nicht nur eine als vorherrschend anzusehen, hat das Bauvorhaben einer der am häufigsten vorkommenden zu entsprechen.

Grafik zur Ermittlung der im 100m Umkreis bestehenden Gebäudestruktur

Entspricht das neue/abgeänderte Hauptgebäude der offenen Bebauungsweise und den Bauklassen I und II und ist auf dem Baugrundstück noch keine andere Bebauungsweise bewilligt, ist die Errichtung jedenfalls zulässig.

Die Ableitung der Bebauungsweisen und Gebäudehöhen und der Nachweis über die Einhaltung des Bauvorhabens obliegen dem / der BauwerberIn.


Bauen, aber wie? – Bebauungsweisen in Niederösterreich

Bild zur Rechtsgrundlage Raumplanung Stadtplanung Barbara Fleischmann in Stillfried

Etwa die Hälfte der niederösterreichischen Gemeinden hat einen Bebauungsplan verordnet, um die Entwicklung der Siedlungsstrukturen lenken zu können und die Verkehrserschließung zu regeln. Unter anderem wird in einem solchen die Bebauungsweise festgelegt, welche einzuhalten ist. Diese legt die Situierung der Gebäude in Bezug auf die seitlichen Grundgrenzen fest und ist im § 31 des NÖ Raumordnungsgesetzes 2014 geregelt.

Der Gesetzgeber sieht vier Bebauungsweisen vor: geschlossen (g), gekuppelt (k), einseitig offen (eo) und offen (o), die sich wie folgt unterscheiden:

Grafik geschlossene Bebauungsweise in NÖ
geschlossene Bebauungsweise in NÖ (eigene Darstellung, NÖ ROG 2014)

Geschlossen – das Hauptgebäude muss über die Hälfte der Bauplatzbreite einnehmen, über die gesamte Bauplatzbreite muss ein geschlossener Eindruck hergestellt werden. Ein solcher kann auch mittels Nebengebäuden und baulichen Anlagen wie Einfriedungen und Toren oder ähnlichen Gestaltungselementen erreicht werden.

Grafik gekuppelte Bebauungsweise in NÖ
gekuppelte Bebauungsweise in NÖ (eigene Darstellung, NÖ ROG 2014)

Gekuppelt – auf zwei benachbart liegenden Parzellen sind die Hauptgebäude an der gemeinsamen seitlichen Grundgrenze überwiegend aneinander zu bauen. Auf der anderen Seite ist jeweils ein seitlicher Bauwich freizuhalten, dieser hat die halbe Gebäudehöhe, mindestens aber 3 m zu betragen. Im seitlichen Bauwich dürfen KEINE Nebengebäude errichtet werden (bauliche Anlagen, deren Verwendung der von Gebäuden gleicht, also z.B. Carports, sind jedoch erlaubt). Die Errichtung einer Garage ist also nur außerhalb des seitlichen Bauwichs möglich.

Grafik einseitige Bebauungsweise in NÖ
einseitig offene Bebauungsweise in NÖ (eigene Darstellung, NÖ ROG 2014)

Einseitig offen – auf mehreren benachbarten Bauplätzen sind die Hauptgebäude an die jeweils gleiche seitliche Grundstücksgrenze anzubauen, z.B. die nördliche. Auf der jeweils anderen Seite ist ein seitlicher Bauwich freizuhalten, dieser hat die halbe Gebäudehöhe, mindestens aber 3 m zu betragen. Im seitlichen Bauwich sind KEINE Nebengebäude zulässig, bauliche Anlagen, deren Verwendung der von Gebäuden gleicht (z.B. Carports), dürfen errichtet werden. Auch hier dürfen Garagen also nur außerhalb des seitlichen Bauwichs errichtet werden.

Grafik offene Bebauungsweise in NÖ
offene Bebauungsweise in NÖ (eigene Darstellung, NÖ ROG 2014)

Offen – beiderseits des Hauptgebäudes muss ein seitlicher Bauwich freigehalten werden. Dieser hat die halbe Gebäudehöhe, mindestens aber 3 m zu betragen. EINER der beiden seitlichen Bauwiche ist von Nebengebäuden freizuhalten (bauliche Anlagen, deren Verwendung der von Gebäuden gleicht, z.B. Carports, sind zulässig). Auf einer Seite des Hauptgebäudes kann also ein Nebengebäude (z.B. eine Garage), auf der anderen eine bauliche Anlage (z.B. ein Carport) errichtet werden.

Anmerkung: für den seitlichen Bauwich ist zu beachten, dass bei einer Gebäudehöhe von mehr als 8 m und einer Gebäudelänge von über 15 m die gesamte Gebäudehöhe als seitlicher Bauwich freizuhalten ist.

Die geschlossene Bebauungsweise ermöglicht die Bebauung schmälerer Grundstücke und trennt durch die Schaffung eines geschlossenen Eindrucks die öffentlichen Flächen klar von privaten, die dadurch uneinsehbar sowie von Lärm und Wind geschützt werden. Für flächensparende und somit auch in der Erhaltung kostensparende Siedlungsstrukturen sowie eine erhöhte Aufenthaltsqualität empfiehlt sich deshalb oftmals die geschlossene Bebauungsweise gegenüber den übrigen: diese machen größere Grundstücksbreiten erforderlich und ermöglichen darüber hinaus durch die einzuhaltenden seitlichen Bauwiche nur wenig private und ruhige Bereiche für die BewohnerInnen.

Durch die aktuelle Definition der geschlossenen Bebauungsweise, dass das Hauptgebäude mehr als die Hälfte der Grundstücksbreite einnehmen muss (und nicht wie oftmals angenommen die gesamte), ist es auch auf verhältnismäßig breiten Parzellen möglich, die geschlossene Bebauungsweise einzuhalten, gleichzeitig kann eine Teilung breiter Grundstücke und somit eine verbesserte Nutzung der vorhandenen kommunalen Infrastruktur erfolgen, ohne dass die Bebaubarkeit der neu geschaffenen Bauplätze eingeschränkt würde.